Am See

Top of the lakeTop of the Lake“ macht süchtig, die Serie von Jane Campion und Gerard Lee von 2013 zeigt in 6 Teilen ein von gewalttätigen Männern und abhängigen Frauen besiedeltes Seengebiet in Neuseeland. Es geht um Frauen, die vergewaltigt werden, Männer, die alle, bis auf einen, unter einer Decke stecken. Der Oberrauschgiftkocher, der Boss, ist ein Sadist und schmiert die Polizei. Ich will eigentlich gar nicht wissen, dass es so eine Welt gibt, obwohl die Natur in überwältigend schönen Bildern einen seltsamen Gegensatz zur verkommenen Dorfgemeinschaft bildet. Aber da ist dieses 12 –jährige Mädchen, das erst versucht, sich im eiskalten See zu ertränken, im fünften Monat schwanger, und dann verschwindet. Und damit zappel ich an der Angel, will wissen, wie es für sie ausgeht, obwohl ich mich nach dem Ende einer Folge immer ängstlicher als vorher fühle. Das mag ich nicht, aber um des Mädchens willen und weil mich das skurrile Frauencamp um den weiblichen Guru GJ (Holly Hunter) am Ufer des Sees fasziniert, halte ich durch. Ein Serienerlebnis mit Nachwirkung. Mädchen und Polizistin werden am Ende gewinnen, ein Krimi after all, aber es ist ein düsterer Sieg, sie bleiben Gezeichnete.

Fazit: “Top of the Lake” ist gut, wenn es etwas Hartes sein soll, weil das Leben nicht immer schön sein kann und etwas Weiches, wie es 12-Jährige verdient hätten und vielleicht bekämen, wenn sie nicht in einem Drogenkrimi schwanger würden.

 

Über Greta

Greta Buchholz studierte Theaterwissenschaft, Psychologie und Germanistik an der FreienUniversität Berlin. Ich interessiere mich besonders für Fiktionsbiografien, dafür, wer in welcher Lebenssituation welche Geschichten bevorzugt und auf welche Weise Fiktion unser Leben bereichert.
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3 Antworten zu Am See

  1. ashagro sagt:

    Letztens hatte ich mit Freunden überlegt, was wir von der Welt wissen würden, gäbe es keine Medien und mir fiel auf, dass ich fast alle positiv besetzten Eindrücke trotzdem hätte (Liebe, Freundschaft, Sonnenschein, Natur, gutes Essen, Sport, Singen, Tanzen,…) aber über 80 Prozent der Negativen nicht! Ich wüsste nicht, dass es Krieg gibt,Vergewaltigung, Psychofreaks, Morde, Hungersnöte, Erdbeben,… Warum fesselt uns das Schöne nicht im selben Maß wie solche Geschichten? Ich fand keine richtige Antwort. Du?

    • Rita Miller sagt:

      So sehr mich auch all das Negative in der Welt erschüttert und ich mir manchmal auch wünsche einfach einen Schalter umlegen zu können, so bin ich doch auch froh, darüber zu erfahren. Nur durch Wissen ist eine Veränderung möglich.

    • Greta sagt:

      Ich glaube, das “Schöne” fesselt uns auch, nur dass wor das am Liebsten natürlich live erleben. Und es auch suchen. Nur, wo wir es nicht live erleben können oder wollen, kommen die Medien zum Zug. Wenn ich zum Beispiel schon so oft geheiratet hätte, wie ich eine Marriage Plot Geschichte gelesen habe, hätte ich inzwischen eine beachtliche Zahl von Ex-Ehegatten. Ich denke, unser Gehirn, um mal einen Anflug Neurowissenschaft in die Diskussion zu bringen, ist darauf vorbereitet, auch mit den harten Erfahrungen des Lebens, mit Gewalt und Angst klarzukommen, zum Beispiel werden furchteinflößende Situationen , an zwei verschiedenen Stellen im Gehirn gespeichert. Im Hippocampus zusammen mit den anderen Ereignissen des Tages und unabhängig davon nochmal in der Amygdala. Von dort sind sie sehr schwer zu löschen und können wie ein Blitzlicht immer wieder aufflammen. Wahrscheinlich sind wir sogar genetisch wesentlich besser vorbereitet, als die meisten von uns das in Mitteleuropa bräuchten. Und da ist nun dieser Teil unseres Hirns, der auch bespielt und beschäftigt werden will. Und das passiert dann hoffentlich in der Fiktion und nicht live. Ich beobachte gerade bei kleinen Kindern, die gut behütet ohne Fernsehen aufwachsen, das ihre Spiele alles andere als gewaltfrei sind.

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